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Ein Mensch wird fehlen
Am 12. Juli ist in Moskau plötzlich eine schon zu Lebzeiten legendäre Frau verstorben.
Valerija Novodvorskaja, die große Menschenrechtlerin, Dissidentin, Schriftstellerin, Publizistin, überzeugte Freidenkerin, Demokratin und Antikommunistin wurde nur 64 Jahre alt.
Sie kam zum ersten Mal mit 19 in die Fänge des sowjetischen Gewaltsystems als sie 1969 im Kongresspalast des Kreml Flugblätter gegen die Macht der Bolschewisten und gegen die Invasion in der Tschechoslowakei verteilte.
Es folgte Zuchthaus und noch schlimmer – 2 Jahre Folter in Einrichtungen der sowjetischen Strafpsychiatrie. Mit 22 Jahren war sie ergraut…
Valerija Novodvorskaja hat unablässig durch all die dunklen Jahren der Breschnew-Ära, durch die Jahre der angeblich humanen „Perestrojka“ und bis in die heutige Zeit der schleichenden Re-Stalinisierung vor allem für die Freiheit, für Menschenrechte und gegen die seit 1917 in ihrer Heimat andauernden Gewaltherrschaft gekämpft.
Es gibt nur wenige Stimmen in Russland die so wortgewaltig, so intelligent und wahrlich in europäischer Tradition aufgeklärt, die alten und neuen Verbrechen des Regimes – von Anfang bis zu Putin, anprangerten.
Ich kenne keinen mutigeren und keinen freieren Menschen als Valerija. Ich empfand es immer als ein schmerzhafter Verlust für die deutsche Aufarbeitungsarbeit, für die Debatte um den Umgang mit Russland und für den intellektuellen Diskurs allgemein, dass die Stimme von Valerija Novodvorskaja hier ungehört blieb, dass ihre Publizistik, ihre Bücher in Deutschland praktisch unbekannt sind.
Dieses Land hätte solch eine klare, immer ehrliche und eindeutige Humanistin, die sich nie um die politische Opportunität kümmerte, bitter nötig gehabt.
In einem letzten Interview, nur vier Tage vor ihrem Tode, sagte Valerija Novodvorskaja in einer Art Botschaft an das ukrainische Volk unter anderem:
„Um einen europäischen Staat zu werden, den kein Putin wagen würde zu bedrängen, müsst ihr sehr viel einsetzen: Kraft, Fleiß, Zeit, eure Kinder, eure Fähigkeiten und Talente. Dann aber und nur dann, in 10 Jahren, wird eure Lage viel besser sein. In zwanzig Jahren – noch besser.
Ihr werdet weder Frankreich noch Deutschland bald einholen können. Moralisch habt ihr sie aber jetzt schon überholt. Ihr seid nicht mehr die Alten, ihr seid nicht wie sie, die euch für ein Liter Erdgas, für eine Ölgutschrift im Stich lassen würden, wenn ihr nicht selber für euer Schicksal einsteht.“
Seit vorgestern ist Russland ein noch düsterer Ort geworden
Dafür leuchtet am Himmel ein neuer Stern, nach dem wir uns immer orientieren können.
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