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Ein Pferd als Präsident
Zur Wahl des PES-Vorsitzenden
Die Partei der Europäischen Sozialisten (PES) hat soeben, praktisch ohne Gegenkandidaten, ihren neuen Vorsitzenden gewählt. Der Neue ist auch der Alte – die Sozialisten Europas werden für weitere 2 ½ Jahre vom Ex-Chef der Bulgarischen Sozialistischen Partei (BSP) Sergej Stanischev geführt.
Die Mehrheit der Bulgaren, die dieser Partei, unter diesem Parteivorsitzenden ein halbes Dutzend Wahlniederlagen in den letzten Jahren bescherten, kann über die aktuelle europäische Entscheidung nur ungläubig den Kopf schütteln.
Zwischen 2005 und 2009 zeichnete Stanischev als Ministerpräsident verantwortlich für das Versinken seines Landes in einen Sumpf von Korruption, Vetternwirtschaft und Rechtsunsicherheit. Nachdem seine Regierung 2009 krachend abgewählt wurde, behielt er den Parteivorsitz und brachte 2013 mit dem Mandat seiner BSP eine „Experten“-Regierung ins Amt, die in der Geschichte Bulgariens mit der Bezeichnung „Regierung des Wahlbetrugs und der Inkompetenz“ bleiben wird.
Nach monatelangen massenhaften Bürgerprotesten musste die BSP-Regierung 2014 abdanken. Die vorgezogenen Parlamentswahlen verloren die Sozialisten des glücklosen Parteivorsitzenden Stanischev erneut gegen die bürgerliche GERB und wurden in die Opposition verwiesen.
Den Genossen Stanischev ficht das wenig an – trotz anders lautender Zusagen an die Wähler, entschied er sich bei der letzten Europawahl über die Parteiliste nach Brüssel zu gehen. Nun kann sich Europa an ihn erfreuen.
Wer ist nun dieser beständige Hoffnungsträger der PES?
Unvergessen ist seine Reaktion bei der Pressekonferenz in Brüssel im März 2014, als ein journalistischer Kollege ihn nach seinem persönlichen Wahldesaster in der Heimat befragte. Der alte und neue PES-Chef antwortete damals schroff, er brauche keine Fragen “des politischen Gegners” zu beantworten und beendete überstürzt die PK. Fast sollte man froh sein, dass er den unbotmäßigen Fragesteller nicht sofort abführen ließ…
Andererseits kann dem bulgarischen Sozialisten Stanischev eine gewisse Toleranzfähigkeit nicht abgestritten werden. So zum Beispiel 2014 in Sofia, vor dem Denkmal der Sowjetarmee zum “Tag des Sieges” am 9 Mai. In seiner Anwesenheit durften damals Genossen seiner durchgehend Russland-freundlichen, nach den „alten Zeiten“ nostalgischen BSP unbehelligt EU-Fahnen verbrennen, wie unsere zwei Fotos auf dieser Seite belegen.
Sergej Dmitrievitsch (nach russischem Namensrecht so benannt!) Stanischev, der langjährige Chef der Bulgarischen Sozialistischen Partei – der kaum reformierten Nachfolgepartei der früheren BKP – wurde 1966 in der Sowjetunion von einer russischen Mutter geboren.
Bis zum Zusammenbruch der UdSSR war er sowjetischer Staatsbürger, danach wurde er Russe.
Die russische Staatsangehörigkeit legte er erst 1996 ab, als er sich zu höheren politischen Weihen berufen fühlte. Nun nahm er die bulgarische Staatsangehörigkeit seines Vaters an.
Der Vater Dimitar Stanischev war langjähriges Mitglied des ZK der BKP und leitete die internationalen Beziehungen dieser de facto Filiale der KPdSU.
Der junge Sergej (ein russischer Vorname, der in Bulgarien seit Jahrzehnten als Zeichen für familiäre Zugehörigkeit zur linien- und sowjettreuen Elite galt) verteidigte 1989 seine Diplomarbeit als Historiker an der Moskauer Universität zum Thema “Die Rolle der Uniform für die Stärkung des Kampfgeistes der Sowjetarmee”…
Nun führt also dieser Spezialist für sowjetische Uniformen weiterhin als Vorsitzender die Partei der Europäischen Sozialisten in Brüssel an…
Im Jahre 2006 nannte der damalige russische Botschafter bei der EU Tschizhov in einem Anfall seltener Offenheit Bulgarien “unser Trojanisches Pferd in der EU”.
Eine treffendere Personifizierung dieses Trojanischen Pferdes als den langjährigen Vorsitzenden der BSP Stanischev konnte und kann man sich in Bulgarien nicht vorstellen. Nicht zuletzt aus diesem Grunde dümpelt seine BSP heute bei 10 % der Wählergunst herum und muss hart kämpfen, um nicht in die totale Bedeutungslosigkeit zu versinken.
Während der Deutsche Bundestag von Moskauer Trojanern in seinem Netzwerk geplagt wird, hat sich nun die Partei der Europäischen Sozialisten für weitere 2 ½ Jahre bewusst ein Trojanisches Pferd eingefangen.
Dafür kann es wohl nur eine Erklärung geben: weil Gazprom-Gerd leider gerade nicht zur Verfügung stand…
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